Der Cellist Ulf Schade und die Pianistin Mika Makita-Schmittner widmen sich am 21. Januar bei der nächsten Kammermusik am Sonntagmorgen drei Sonaten, die zu den Spätwerken dreier Komponisten aus drei verschiedenen Epochen zählen: Beethoven, Debussy und Prokofjew. Gemein haben die Stücke, dass sie vor dem Hintergrund persönlicher oder stilistischer Umbrüche entstanden sind. |
Dies zeigt sich besonders eklatant bei Sergej Prokofjew. Der russische Komponist stand während der stalinistischen Regimes quasi unter Dauerbeobachtung, wurde ihm doch „Formalismus“ vorgeworfen, was damals quasi gleichbedeutend für „westliche Dekadenz“ stand. Wer in seinen Werken die von Stalin gewünschte „russische Volkstümlichkeit“ vermissen ließ, stand mit einem Bein bereits im Gulag. Das Komponieren wurde zur Gratwanderung zwischen Leben und Tod – eine Stimmungslage, die in der Cellosonate op.119 immer wieder herauszuhören ist.
Schicksalsschläge hatte auch Claude Debussy zu verarbeiten: erst eine Krebsdiagnose 1909 und wenige Jahre später das mit Ausbruch des 1. Weltkrieges einhergehende Erliegen des künstlerischen und gesellschaftlichen Lebens in Paris und nicht zuletzt der Abschied von Freunden und Wegbegleitern, die zur Armee gingen. Ein Jahr lang war Debussy nicht in der Lage, schöpferisch zu denken und zu wirken. Doch im Sommer 1915 fand er aus dieser Krise heraus und in nur fünf Tagen seine Sonate für Violoncello und Klavier. Einen Freund ließ er wissen:“... nun aber habe ich geschrieben wie ein Besessener, oder wie einer, der am nächsten Tag sterben muss“.
Probleme ganz anderer Art drohten Ludwig van Beethoven. Seine 1815 komponierten Cello-Sonaten erwiesen sich auf dem Markt nur schwer vermittelbar. „Ich habe Ihre Sonaten einem Drucker angeboten, aber sie sagen, sie seien zu schwierig und darum unverkäuflich“, schrieb ihm Charles Neate aus Großbritannien. Zu modern, zu gewagt, zu sperrig erschienen die beiden Sonaten den Verlegern und der Öffentlichkeit. Ulf Schade kann das nachvollziehen, denn die formale Innovation und die Komplexität dieser Musik stellen immer wieder neue Herausforderung dar. Doch genau dies macht den ungeheuren Reiz für Musiker:innen aus, die wie er und Mika Makita-Schmittner eine besondere Leidenschaft für handverlesene Kammerkonzerte besitzen.
In der Reihe „Kammermusik am Sonntagmorgen“ begeistern die Musiker:innen aus den Reihen der Bremer Philharmoniker bereits seit Jahren ihr festes Stammpublikum und locken stetig neue Kammermusikfans zum intensiven Erleben klassischer Musik. In fast familiärer Atmosphäre gewähren die Musiker:innen nachhaltige Einblicke in das gemeinsame Musizieren. Nicht von ungefähr gehören die Kammerkonzerte am Sonntagmorgen für viele Klassikbegeisterte zu den Sternstunden im Konzertkalender.
Bremer Philharmoniker, Halle 1 im Tabakquartier
Am Tabakquartier 10, 28197 Bremen