Verantwortungsvoller Geschichtsunterricht
Ich glaube es nicht! Ich bin im Jahr 1940 geboren, habe den Krieg auf dem Lande miterlebt und kann von mir sagen, dass wir einigermaßen von den Bombennächten verschont geblieben sind. Meinem Vater wurden zwar 5 Jahre seines Lebens gestohlen, anschließend fast 40 Jahre mit starken Kriegsverletzungen zu leben und seine Familie durchzubringen war auch nicht so einfach.
Was war passiert?
Ein Artikel von Sonntag dem 8.11.20. im Weser Kurier ist für mich daher unfassbar und macht mich wütend. Berichtet wurde über ein Arbeitspapier einer Lehrkraft für Drittklässler, also 9-10 Jahre alt. Kinder in diesem Alter wird auf märchenhafte Weise versucht die grausame Geschichte des Deutschen Reiches in der ersten Hälfte des 20.Jahrhunderts darzustellen. „1933 bekam Deutschland wieder einen König, er wurde auch Führer genannt. 1938 habe Adolf Hitler dann den zweiten Weltkrieg begonnen“.
Tagtäglich sehen wir und ich denke, da sind auch 9-10jährige Kinder miteingeschlossen, wie brutal vieles in der Welt von heute immer noch ist. Darum ist es mich unvorstellbar, dass jemand der die damalige Zeit auch nicht miterlebt hat, die Diktatur im Dritten Reich mit über 50.000.000 Toten in Europa verherrlicht. Ich habe extra die ganzen Nullen dazugeschrieben, damit jeder diese Zahl menschlichen Leids noch einmal vor Augen hat.
Adolf Hitler als einen neuen deutschen König zu bezeichnen,
ist an Dummheit kaum noch zu überbieten.
Die in diesem Arbeitspapier genannten Jahreszahlen und Formulierungen und falschen Begriffe zeugt von sträflicher Unkenntnis unserer Geschichte. Es wundert mich dann nicht mehr, dass bei dieser Geschichtswahrnehmung die Leugner des Holocaust Auftrieb bekommen und das 3.Reich als einen Vogelschiss der Deutschen Geschichte bezeichnen.
Wir sollten uns immer wieder und wieder daran erinnern, auch wenn es Mancher nicht mehr hören mag, welches unsägliche Leid ein Teil unserer Großeltern den Menschen zugefügt hat. Unsere Eltern haben uns leider sehr wenig aus dieser Zeit erzählt. Wir haben auch leider nicht nachgefragt. Der Geschichtsunterricht in unserer Dorfschule mit 4 Jahrgängen und über 70 Kindern in einer Klasse endete leider immer in der Bismarckära.
Heute in der Zeit von Internet und Google muss man von einer Lehrkraft doch wohl erwarten, dass man einigermaßen geschichtsfest ist. Das scheint leider nicht der Fall, Ich hoffe, dass dies nur ein Einzelfall ist, sonst müssten wir Älteren unseren Nachkommen noch einmal Hilfestellung in Geschichte geben,
Hermann Lühning, 2020